Griechisch-Lektüre (FS 2016)

Tiere in Bibel und Natur christologisch gedeutet – Der Physiologus

Lecture_FS16

Was hat ein Pelikan, ein Einhorn oder ein Hirsch mit Christus zu tun? Der Physiologus, eine in griechischer Sprache verfasste Schrift, im 2. Jhdt. n.Chr. in Alexandrien entstanden, ist die erste allegorische Interpretation der Natur und Bibel im Bezug auf Christus. Im Mittelalter wurden seine Symbolik zur Grundlage christlicher Bildkunst. In der Burgerbibliothek Bern liegt die älteste illustrierte Handschrift aus dem 9.Jh n.Chr. (http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/bbb/0318).

In der Übung werden wir Ausschnitte aus dem griechischen Physiologus, der Septuaginta und dem Neuen Testament lesen.

Zur Anschaffung empfohlen: O. Schönberger, Physiologus. Griechisch/Deutsch (Reclam 18124), Stuttgart 2001; darin zur vorbereitenden Lektüre die Seiten 137–161, und/oder: A. Zucker, Der Physiologus: Ein christliches Model der Tiernaturen, in: ANIMALI. Tiere und Fabelwesen von der Antike bis zur Neuzeit, Schweizerisches Nationalmuseum 2012, Seiten 101–111.

Weitere Informationen: www.physiologus.unibe.ch

Taube, Stier und Ungeheuer

Manifestationen des Göttlichen im Tier von Mesopotamien bis Italien

[Dove, bull and dragon. Divine representations of animals between Mesopotamia and Italy]

Interdisziplinarer Lektüre-Blockkurs. Findet teilweise in Fribourg statt (Kooperation mit dem Bibel+Orient-Museum).

Freitag, 13.3. 14–18 Uhr, Samstag 14.3. 10–14 Uhr. Freitag 17.4. 14–18 Uhr, Samstag 18.4. 10–16 Uhr. Freitag 8.5. 14–18 Uhr, Samstag 9.5. 10–16 Uhr

Die Vorstellung, dass Gott etwas mit Tieren zu tun hat, ist uns fremd. Das Tier gilt als irrational und vernunftlos und scheint von daher gleichsam kategorisch von der Sphäre des Göttlichen, das immer auch als vernünftig gilt, getrennt zu sein. Die einzige Kultur, welche keine Grenze von Tier und Gott kennt, ist die ägyptische, die bekannt ist für tiergestaltige Götter. Doch nicht nur in Ägypten, sondern auch in der Bibel, sowohl im Alten wie im Neuen Testament und sogar in Mythen der Griechen und Römer finden sich Hinweise darauf, dass man die Bereiche des Göttlichen und des Tierischen nicht als getrennt und unvereinbar miteinander gesehen hat, oder anders gesagt: dass es Beziehungen bestimmter Götter zu bestimmten Tieren gibt, dass sich bestimmte Götter bevorzugt in bestimmten Tieren manifestieren. Über eine Lektüre von Sagen, die Ovid in den Metamorphosen erzählt (die Entführung Europas, Perseus Kampf gegen das Seeungeheuer und Apollons Kampf gegen die Pythonschlange) und von weiteren Texten klassischer Autoren sowie von biblischen Texten (das Goldene Kalb, Jonas im Bauch des Seeungeheuers, die Erscheinung der Taube bei Jesus’ Taufe) wollen wir zu Grunde liegende Vorstellungen von Manifestationen des Göttlichen im Tier kennen lernen. Ergänzt werden die Texte durch bildliche Darstellungen, die aus Ägypten, Israel und Mesopotamien erhalten sind. Es zeigt sich, dass die unterschiedlichen Kulturen des östlichen Mittelmeerbeckens und des nahen Ostens aus dem gleichen Fundus an Vorstellungen schöpfen und das Faszinierende ist, dass die Bezüge Gott-Tier über die Sprach- und Kulturgrenzen dieselben sind. So gibt es z. B. einen Bezug zwischen dem Stier und dem höchsten Gott, ob dies nun Zeus, Jahwe oder sonst jemand ist. Sowohl für fortgeschrittene Studierende der ~phil.-hist.-Fakultät als auch für fortgeschrittene Studierende der Theologie (ANEC und BENEFRI). Latein- und Griechisch-Kenntnisse obligatorisch, Schwerpunkt in Latein. Erwartet wird eine aktive Teilnahme insbesondere das Übersetzen der Texte. Vor Semesterbeginn ist ein Reader auf ILIAS verfügbar, der als Vorbereitung für die erste Sitzung dient.

Dozierende:
Dr. phil. Beatrice Wyss, Institut für Bibelwissenschaft, Neues Testament
Florian Lippke, Institut für Archäologische Wissenschaften (IAW)
Dr. theol. Zbyněk Garský, Institut für Bibelwissenschaft, Neues Testament

Weitere Informationen: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis der Universität Bern